Im Jahr 1923 gewann Alfa Romeo mit dem vierblättrigen Kleeblatt als Glücksbringer die Targa Florio. Ein unheimliches Rennen auf kleinen Landstraßen, das eigentlich nur aus Kurven bestand. Seither bedeutet QV hinter dem Romeo von Alfa Sportlichkeit. 90 Jahre nach dem Erfolg auf Sizilien gibt es die Giulietta mit Glückssymbol. Und auch den Mito mit dem sportlichen 170 PS Motor als Sondermodelle.
Danke Fiat. Das habt ihr in 27 Jahren prima hingekriegt. Alfa Romeo ist unter der Dachmarke Fiat zu einer Belanglosigkeit verkommen. Weiter zurück, das 20. Jahrhundert hatte sich gerade den Schlaf aus den Augen gerieben, war Alfa eine Ikone des Sportwagenbaus. Auch und gerade für deutsche Ingenieure. Man muss nicht unbedingt zu Oldtimerveranstaltungen fahren, um an die glorreichen Zeiten der Marke erinnert zu werden. Ein paar Youngtimer tun es auch. Ob Spider, die Giulia Super als Familienfahrzeug, der Alfa GTV als sportiver 2+2 Sitzer oder die Giuliettta, die Namen waren so viel versprechend wie der Klang der Motoren mit doppelter Nockenwelle. Wer in der Siebzigern in die Disco ging und seinen Autoschlüssel mit Alfa-Anhänger auf den Tresen legte, hatte schon gewonnen. Denn hinzu kam noch ein Design, das mit klangvollen Namen wie Bertone und Pininfarina noch mehr Lust auf Alfa machte. Und BTW: Alfa reichte, da wusste jedes Kind sofort Bescheid.
“ Ein Eichhörnchen, dem man in die Eier getreten hat“
Heute liegt Alfa nebst Romeo im Koma. Denn es reicht eben nicht, alle Jubeljahre mal ein Konzeptfahrzeug à la Alfa Romeo 8C zu zeigen und es dann in homöopathischen Dosen und zu Mordspreisen an ein paar Auserwählte zu verticken. Letztes käufliches Beispiel, auch für den Mittelstand, war der 2002 als Konzept von Guigiaro in Genf gezeigte Brera. Einfach lecker. Das Design der heutigen regulären Alfas ist kein großer Wurf und außer zwei eher farblosen Modellen aus dem Fiat-Baukasten ist nicht mehr viel übrig. Da hilft auch die künstliche Beatmung mit Glücksklee-Blättern nicht viel. Zwar kommt der kleine Mito grell geschminkt und mit Aufklebern des Alfa-Logos daher. Eine Offenbarung ist aber anders. Teil dieser Einsicht ist es, dass diesem seit 2008 angebotenen „Eichhörnchen, dem man in die Eier getreten hat“ (Ex-BMW Designer Chris Bangle zum Design des Mito) kein Nachfolger angedacht ist. Er ist also eine aussterbende Spezies. Teil zwei der Einsicht ist die Tatsache, dass sich Qualität im 21. Jahrhundert anders anfühlt. Zwar gibt es den Versuch, ambitioniert zu wirken durch Carbon-Look-alike im Armaturenbrett, rote Bremssättel und diversen anderen Schnickschnack, aber das reicht nicht.
Gut, der Motor im QV ist ordentlich. Kommt unterhalb 2.500 U/min schwer aus den Puschen und drängt dann aber, sehr alfalike brummend, in Richtung der hohen Drehzahlen. Wird die Power des 1,4 Liter 16-Ventilers abgerufen, kommt der Frontantrieb mächtig ins Spiel. Es zerrt am etwas dick verpackten Lenkrad. Und zwar so sehr, dass man korrigierend in die gewünschte Richtung eingreifen muss. Ums Eck schiebt er recht ordentlich, dank des Sportfahrwerks. Die Sitze bieten sehr guten Seitenhalt, auch wenn die Beinauflage etwas kurz geraten ist. Apropos kurz: Da der Mito mit knapp vier Metern Länge etwas kurz geraten ist, gestaltet sich auch der Fond als zu kurz für Passagiere. Und zusätzlich als zu dunkel, um sich neben den kleinen Fenstern wohl zu fühlen. Klaustrophobiker müssen vorne sitzen, da ist es angemessen und gemütlich. Der Kofferraum ist auch nur dem Design geschuldet. Er ist zwar sehr tief, was aber einschließt, dass die Ladeöffnung sehr hoch gelegt ist. Nicht nur Frauen dürfte es schwer fallen, aus diesem Keller Dinge ans Tageslicht zu fördern, die schwerer sind als eine Einkauftasche voll Klamotten. Außerdem ist er so geschnitten, dass beim Versuch, die Getränkevorräte aufzufrischen, schon mal der Fußraum rechts und der Beifahrersitz mit einspringen müssen.
Wenn man dann wieder darüber nachdenkt, woher diese Marke kam, kann nur die Hoffnung bleiben, dass es für Alfa Romeo weiter geht. Die Aussichten sind teils erhellend, teils aber auch bedrohlich. Wie für die Schwestermarke Lancia auch, die unter Fiats Ägide fast in der Versenkung verschwunden ist. Denn: Es soll sich was ändern. Maserati soll Geburtshelfer für eine Alfa-Limousine sein, die in Genf als Konzept Gloria vorgestellt wurde. Mazda soll den Romeos dabei unter die Arme greifen, wenn es darum geht, wieder einen Spider aufzulegen. Als ausgereifte Basis bietet sich der Megaseller MX5 an. Andererseits muss Alfa wohl auch seine DNA für Dinge hergeben, die eher Jeep als Alfa sind. Verkehrte Welt eines Konzerns, der, wie weiland Mercedes, sein Glück in Übersee sucht.
Finalemente könnte aber auch noch etwas ganz anderes passieren: VW hat seine Fühler in Richtung Alfa Romeo ausgestreckt, um die Autos mit dem mediterranen Charme als 13. Marke in den Konzern einzubinden. Und dann natürlich auch die modularen Quereinbauten drüber zu stülpen. Was damit gleich bedeutend wäre, dass wir uns langfristig von solchen Krachern wie einem Alfa Romeo GTV aus den Siebzigern mit Frontmotor und Heckantrieb verabschieden können. Dann müssen die Fans des „Italian Stallion“ wohl noch pfleglicher mit ihren historischen Alfas umgehen.
Kurzum: Trotz Quadrifoglio Verde sieht es ganz danach aus, dass Alfa Romeo im 90 Jahr des Targa-Sieges kein Glück gehabt hat. Es sei denn, der demnächst anstehende Alfa Romeo 4C kann das Eisen noch einmal aus dem Feuer reißen. Denn Carbon – dieses Mal echt und in Monocoque-Bauweise – Mittelmotor-Prinzip und ein den Mund wässerndes Design haben schon das Zeug dazu, Alfa Romeo wieder zu einer Kultmarke zu machen. Und es belegt obendrein, dass die Alfisti es durchaus noch drauf haben. Wenn man dann überlegt, wie noch in den Sechzigern die Ingenieure von BMW in Richtung Alfa schielten, ist der 4C mit angedachten 50.000 Euro für knapp 900 Kilo Auto schon Benchmark. Und der Mito QV ist mit 21.450 Euro schon fast ein Schnäppchen.
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