Gewichtig, weiblich, wohlfühlerisch. Nicht der, sondern d i e neue S-Klasse wurde in Hamburg präsentiert. Gewichtig ist sie auch, weil große Erwartungen auf den Dämpfern ruhen. Auf 120 Seiten war das zusammengefasst, was neu ist. Auch und gerade die Wohlfühl-Faktoren. Bitte anschnallen und abheben.
„mein zweites Wohnzimmer“
Es war kein Theaterdonner, sondern ein echtes Gewitter, das passend zur Weltpremiere der neuen Mercedes S-Klasse über Hamburg Finkenwerder nieder ging. Die optimistische Sicht der Dinge: Großes Kino für eine große Limousine. Oder, wie es Moderatorin und Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers erklärte: Die Königin der Straße wird im Zuhause der Königin der Lüfte präsentiert, beim Airbus A 380. Viel Prominenz hatte sich auf den Weg zu den Airbus-Werken gemacht, um der Premiere beizuwohnen. Vicky Leandros, Franz Beckenbauer, Niki Lauda, und viele mehr, die durchaus als potentielle Kunden für den intern W222 genannten Luxus-Liner gelten, gaben sich ein Stelldichein. Und Maxi Arland, ungekrönter König der Volksmusik, fabulierte darüber, dass er jährlich „mehr als 100.000 Kilometer“ unterwegs sei. Natürlich in einer S-Klasse, die „mein zweites Wohnzimmer ist.“
Bei allen technischen Neuerungen, die demnächst das Mercedes-Flaggschiff begleiten, wird auch noch mehr Wohnzimmer dabei sein. Das fängt schon damit an, dass reichlich Dämmung verbaut ist, um die S-Klasse zur leisesten Limousine zu machen. Ausprobieren konnte man das allerdings nicht in Finkenwerder. Nächstes Wellness-Feature sind Massagesitze, die eine Hot-Stone-Massage bieten sollen. Nicht ganz so heiß war das Show-Mobiliar, denn bei mehr als 700 geladenen Gästen würden die Sitze innerhalb kurzer Zeit überhitzen. Massage ging aber schon. Und wie. Was sich im Vorgänger W221 noch wie das knöcherne Rubbeln einer ungeübten Physio-Fachkraft anfühlte, ist jetzt einem Feinschliff gewichen, der kommoder kaum sein kann. Das liegt daran, dass 14 separat ansteuerbare Luftkissen verbaut sind. In der fahrbaren S-Klasse verfügen sie auch über die Wärmefunktion für Hot-Stone-Massage, was sicherlich für Hintenfahrer der absolute Luxus sein wird. Und nur für dieses Feature wird im Heck ein Druckbehälter vorgehalten. Voraussetzung ist die sogenannte Executive-Version der Bestuhlung, bei der die Lehnen geneigt werden können. Als i-Tüpfelchen für die Sitz/Liege-Wellness kann dann die Lehne des Beifahrersitzes noch flach gelegt werden. Das ist vergleichbar mit First-Class Liegen bei Interkontinentalflügen. Und um dem Ganzen noch ein Sahnehäubchen aufzusetzen, können Armlehnen und Mittelkonsole auch beheizt werden. Sprich: Wer in der S-Klasse verspannt unterwegs ist, hat etwas Entscheidendes falsch gemacht.
Zusätzlicher Wellnessfaktor ist eine Fahrwerkseinstellung, die aus den Forschungsfahrzeugen F800 und F125 abgeleitet wurde. Das Road Surface Scan genannte System scannt mittels einer Stereokamera die Straße vor dem Fahrzeug und teilt in Bruchteilen von Sekunden der Luftfederung mit, wo sich Unebenheiten befinden, die es auszubüglen gilt. Was in den F-Modellen bestens funktionierte, sollte auf den kaputten deutschen Straßen für eine legendär entspannte und schonungsvolle Fortbewegung in der S-Klasse sorgen.
„Wer in der S-Klasse verspannt unterwegs ist, hat etwas Entscheidendes falsch gemacht“
Und weil es die Vielfahrer auch gerne für die Arbeit im Auto kommod haben, ist neben der digitalen Sicherheit durch sechs Augen und Ohren auch noch die digitale Welt des Internet in alle erdenklichen Optionen in die S-Klasse eingezogen. Vor allem in der Langversion, die mit 5,25 Meter Länge auftrumpft, dürfte sich im Fond ein rollendes Büro auftun, das seinesgleichen sucht. Und damit es auch dem Fahrer nicht langweilig wird, ist das Display am Lenkrad knapp so groß geworden, wie das bei einem 13-Zoll Laptop. Nur entsprechend flacher. Das sollte für die Augen gut sein, denn die HD-Auflösung sorgt für scharfe Bild-Informationen. Auch nachts, wenn die Sensoren Mensch und Tier gleichermaßen vor dem Auto erkennen und diese Informationen blitzschnell ins Cockpit einspielen. Derweil kann auf dem Beifahrersitz noch ein Mitfahrer entspannt Filme anschauen, während hinten gesurft wird. Voll digital also.
Das Paket, das Mercedes für die S-Klasse geschnürt hat, ist so umfangreich, dass es den Rahmen sprengen würde, wollte man jedes Detail aufführen. Einige Features hat die neue E-Klasse bereits vorweg genommen, aber es bleibt genug übrig für das Flaggschiff. Wie etwa die Tatsache, dass in der S-Klasse keine Glühlampe mehr verbaut ist, sondern alles in LED ausgelegt ist. Vom Ambientelicht bis hin zu den dimmbaren Rücklichtern.
Die Antriebstechnik tritt angesichts von so viel Luxus schon fast in den Hintergrund. Die Motoren, die zur Markteinführung angeboten sind, kann man auch mit Fug und Recht als alte bekannte bezeichnen: V6 Diesel, V8 Benziner, ein Benzin-Hybrid und etwas später noch den Diesel Hybrid. Einen Plug-in Hybrid wird es allerdings erst 2014 geben. Und weil alle Maschinen inzwischen auf Schmalkost gesetzt sind, pries auch Thomas Weber, Entwicklungsvorstand bei Mercedes, besonders die Verbräuche, die sich zwischen 6,3 und 4,4 Liter (Diesel-Hybrid) bewegen sollen. Highlight soll dann der S500 Plug-in werden. Weber: „Das wird die erste S-Klasse sein, die beim Verbrauch eine Drei vor dem Komma hat.“ Und selbst wenn man in der Praxis diese Werte noch einmal mit einem Aufschlag von 50 Prozent kalkulieren sollte, sind das Traumwerte, an die vor zehn Jahren noch niemand zu glauben wagte.
Deshalb kam es auch gelegen, dass neben einem Ensemble der Hamburger Philharmoniker auch noch eine Dame angereist war, deren ersten Song „How it feels to fly“ wie ein Hohelied auf den Luxusliner klang. Apropos Luxusliner: Nicht aus dem A380 von Airbus in der Zivilversion, sondern aus einem A300-600 der Frachtlinie DHL entfuhr die neue S-Klasse hinter die Bühne, nachdem alle Daimler-Modelle in frischem Weiß und zu einem Feuerwerk um die graue S-Klasse gefahren waren. Vom Gewitterregen durchnässt lief der W222 auf die Bühne. Dieter Zetsche, ganz Gentleman, öffnete den Schlag für Alicia Keys, die zum einsetzenden Gewitter-Donner und zu Standing Ovations ihren Song „Girl on Fire“ darbot.
Hoffentlich ist d i e S-Klasse wirklich „on fire“. Denn die gewichtigen Argumente gehen nicht aus. Dafür noch eines zum Thema Wellness. Beduftung. Marc vom Ende, Senior Parfumeur bei der Dufteschmiede Symrise in Niedersachsen, hat für die neue S-Klasse vier Düfte kreiert, die nach Gusto aus dem Handschuhfach heraus für den Wohlfühlgeruch sorgen werden. Das ist doch dufte und sorgt für die Essenz an Luxus, die der S-Klasse gebührt. Und somit ist W222 wohl am ehesten die Bezeichnung für einen Luxusliner, bei dem es nicht so sehr auf Technik, sondern mehr auf individuelle Wellness ankommt.
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