Wikipedia sagt: Der Begriff Sportwagen bezeichnet meist zweisitzige Personenkraftwagen mit verhältnismäßig geringer Bauhöhe (oder Zweisitzer mit zwei zusätzlichen Notsitzen), bei deren Konstruktion in der Regel höhere Fahrleistungen als beim viersitzigen Pkw und gutes Handling im Vordergrund stehen. Wir sagen: AMG GT.
„Nice Car“ sagt der Typ in der mit Rennlogos übersäten Lederjacke und umkreist langsam den AMG GT, den wir frech vor „Alice’s Restaurant“ in Woodside, in der Nähe von San Francisco abgestellt haben. Als wir die Kreuzung vor dem Restaurant passieren wollten, stach uns eine Ansammlung von Sportwagen ins Auge. Ein paar Ferraris, ein alter Porsche 911 – einer von den luftgekühlten sowie Dutzende von Motorrädern ließen erkennen, dass man hier für PS-gespräche zu haben war. Also hieß es wenden, ein paar Gänge runterschalten und sich vergewissern, dass die sonst schalldämmenden Absperrklappen im Auspuff geöffnet waren. Wir ließen den V8 des AMG noch ein paar Augenblicke zufrieden vor sich hingluckern und waren fast im gleichen Augenblick eingekreist. Der Lederbejackte gab sich als Fahrer eines der Ferrari zu erkennen und nickte anerkennend. „Really nice, what is it?“
So geht es vielen, denen wir auf der Strecke zwischen San Francisco und der Rennstrecke Laguna Seca begegnen. Der GT ist klar als Mercedes respektive AMG zu erkennen, doch die Form kann keiner so richtig zuordnen, kein Wunder, immerhin sind wir vier Monate vor dem Verkaufsstart unterwegs. Die lange Motorhaube, das kurze Heck, knapp bemessene Überhänge, all das lässt keinen Zweifel daran, dass hier etwas Sportliches unterwegs ist. Wie sportlich, das verraten schon die schlichten Zahlen. Dem Leergewicht von 1.540 Kilogramm begegnet ein knapp 4 Liter großer V8 mit gleich zwei Turboladern und daraus resultierenden 510 Pferdestärken, denn wir sind hier mit der verschärften Variante namens GT S unterwegs. 650 Nm, 0 auf 100 in 3,8 Sekunden und 310 km/h Vmax komplettieren den Zahlensalat für Stammtisch oder Autoquartett. Der „normale“ GT hat auch immer noch beeindruckende 462 PS und 600 Nm, das reicht für 4,0 Sekunden und 304 Sachen Spitze. Respekt.
Graue Theorie – Strahlende Praxis
Auf der real existierenden Straße helfen solche Zahlenspiele wenig, da gilt das Gesamtpaket aus Fahrwerk, Motor, Getriebe – in unserem Fall ein automatisches Doppelkupplungsgetriebe mit 7 Gängen, anders bekommt man den AMG GT nicht. Diese Ingredienzien lassen sich ganz nach Bedarf unterschiedlich kombinieren, dafür gibt es in der breiten Mittelkonsole einen perfekt positionierten Drehsteller, der die Wahl zwischen Modi namens C, S und S+ lässt. C steht für Comfort und das kann man so stehen lassen. Der AMG ist dann immer noch flott, schaltet aber entspannter, federt sanfter und lenkt sich leichter. In den Sportmodi wird es abgestuft kerniger, die Abgasklappen sind dann automatisch geöffnet, die Federung straffer und die Schaltvorgänge flotter. Auch die verbindlicher ansprechende Lenkung passt da ins Bild. Unser GT S, der das elektronisch geregelte Sportfahrwerk serienmäßig an Bord hat, ist darüber hinaus mit dem sogenannten AMG DYNAMIC PLUS Paket ausgestattet. Dahinter verbirgt sich eine dynamische Motor- und Getriebelagerung, die noch mehr Komfort und gleichzeitig bessere Straßenlage bietet und als direkt sichtbaren Nebeneffekt noch einen „RACE“ Modus hinzufügt. Wählt man diesen an, dann wechselt jeder beeinflussbare Parameter in den maximalst dynamischen Modus und zudem wird das ESP sanft ausgebremst. Das Ergebnis spürt man bei forscher Gangart im Gesäß: Der GT reagiert noch dynamischer, erlaubt sich sogar hier und da ein perfekt kontrolliertes Ausbrechen des Hecks und macht insgesamt so saumäßig viel Spaß, dass es schon fast ungehörig ist. Auf normalen Landstraßen oder Autobahnen kann man die Fähigkeiten des Boliden aus Affalterbach kaum oder nur höchst selten ausreizen, drum steht ein besuch auf der berühmten Rennstrecke Laguna Seca auf dem Programm.
Helm auf, Fenster zu und Dynamic Select auf Sport+, schon kann es losgehen. Zwei Runden bekommt das Biest, damit es sich aufwärmen kann, für uns dient diese Zeit zur ersten Orientierung. Die 1957 eröffnete Strecke ist gut 3,6 Kilometer lang und bietet elf Kurven, darunter die legendäre „Corkscrew“. Diese beginnt nicht nur unvermittelt hinter einer Kuppe, sie führt auch steil bergab und wer sie falsch ansteuert, macht schnell Bekanntschaft mit den Auslaufzonen. Dem GT hingegen liegt der Kurs perfekt. Das unglaublich ausgeglichene Zusammenspiel aller Komponenten hilft dabei, kleine Fehler mehr oder minder automatisch auszumerzen, ohne dabei auch nur einen Hauch von Fahrspaß zu verlieren. Die Lenkung lässt den AMG vom ersten Moment an präzise durch die Kurven zirkeln und auch wenn wir die Ideallinie mal, vorsichtig formuliert, neu definieren, pariert der GT schlichtweg alles. Man muss schon grob fahrlässig die Grenzen der Physik vernachlässigen, um hier echte Krisensituationen herbeizurufen.
Mit leicht feuchten, aber keinesfalls zittrigen Händen verlassen wir den Kurs und steuern in gemäßigter Gangart unser Reiseziel an. Der regere Verkehr am Abend lässt uns Zeit, das geschmackvoll kombinierte Interieur zu bewundern. Die Materialien perfekt kombiniert, alle Bedienelemente am richtigen Ort und mit einer perfekten Dosis an sportlichen Insignien weiß der AMG GT innen so gut zu gefallen wie außen. Hut ab, da hat Mercedes einen Sportwagen kombiniert, der diesen Namen verdient. Kein aufgepumptes Coupe, keine Midlife-Crisis-Medizin, sondern ganz einfach ein sagenhaft gut abgestimmtes Auto, dass so manchem Wettbewerber Kopfschmerzen bereiten dürfte. Gratulation!
Kasten
Mercedes-AMG GT und GT S
5 Sterne
Sportwagen, 2-sitzig, V8 mit Biturbo, 462 bzw. 510 PS, 600 bzw. 650 Nm, 304 bzw. 310 km/h Höchstgeschwindigkeit
Mercedes-AMG GT ab 115.430 Euro
Mercedes AMG-GT S ab 134.351 Euro
www.mercedes-benz.com
Mercedes Benz Vision G-Code – Sports Utility Vehicle für 2+2 Next Post:
Hände weg – Autonomes Fahren kurz erfahren