Seit nunmehr 29 Jahren steht M3 für die freie und ungestüme Kraft von Saugmotoren. Mindestens acht Zylinder müssen es schon sein. Die neue Kraft für den M3 kommt allerdings aus einem Sechszylinder, der gleich zwei Turbos zu Beatmung hat. Und 431 PS. Ob das gut geht?
Die Liste liest sich mit Verlaub etwas hölzern: E30, E36, E46 und als letzter Eintrag E92. Dahinter versteckt sich immer Höchstdrehzahl aus acht Töpfen. Bis 8.300 Umdrehungen die Minute. Plus unaufhaltsamer Vortrieb sowie beste Agilität. Auf der Straße und – noch besser – auf der Rennstrecke. M3 war d a s Rennpferd der M GmbH, das gerne auch mal ausgeräumt, aufgepusht und noch stärker bespoilert bei Rennen zum Einsatz kam. Sehr erfolgreich sogar.
Und jetzt? Jetzt lässt Timo Glock, Ex-Formel 1 Pilot und aktueller Haudegen der DTM-Serie, mal das Triebwerk des neuen M3 an. Okay, das klingt schon im rasseligen Leerlauf nach echter Kraftschnitte. Und weil Timo schon im Trockenkurs vor einigen heftigen Stellen des Kurses in Portimao gewarnt hatte, macht er auch bei der Einführungs- und Aufwärmrunde etwas sutsche mit dem Doppelturbo. Also aufpassen, wo und wie man die blinde Kuppe angehen sollte, wo die Bremspunkte sind. Und vor allem, ab wo das Gas wieder zum Einsatz kommt.
Alle Systeme auf Temperatur und Timo lässt es fliegen. Was der aktuelle M3 an Querbeschleunigung aufbietet, ist für Amateure kaum jemals gänzlich auszuloten. Auch wenn, wie bei BMW und M3 üblich, die Truppe wieder bestens gearbeitet hat, um für jeden das richtige Paket anzubieten. Comfort bis Sport Plus heißt die Devise. Selbst bei der Lenkung, die man individuell anpassen kann. Und die Orgel dreht bis 7.600 U/min. Zwei, drei richtig schnelle Runden mit Timo auf dem Kurs „auf dem ich auch schon mal bei Formel-1 Tests ausgerutscht bin“ (Glock) und schon wird deutlich, was die BMW-Buben alles erreicht haben, indem sie ein paar Stellschrauben justierten. Im Sportmodus schlürft der M3 genüsslich den Teer der Rennstrecke auf, er bleibt nach der blinden Kuppe stabil, wo andere Hochleistungsfahrzeuge sicher mit dem Heck wedeln würden. Und ja, das kann der M3 auch, aber dazu muss man noch eine Stufe weiter klicken in den zahlreichen Menus. Sport Plus bietet die Gelegenheit, auch den neuen M3 mit dem Heck sprechen zu lassen. Vorausgesetzt, der Pilot arbeitet nicht hektisch am Volant und am Gas, sondern passt sich an die thermischen wie geografischen Gegebenheiten dieser Strecke an. Es ist wirklich nicht leicht, vor der Kuppe voll auf dem Gas zu bleiben, auch wenn man die Strecke schon ein paar Mal abradiert hat. Das Ergebnis, wenn man es macht, ist frappierend. Da zittert nichts, da gibt es, dank bester Balance, kein Wiehern der 431 Pferde. Höchsten der kernige Stoß Zwischengas erinnert daran, dass es hier legal ist, jenseits von Gut und Böse zu agieren.
Wechsel auf den neuen Bruder, der jetzt als Coupé-Version M4 heißt. Für die Unterscheidung: der blaue ist der M3, das goldige Kerlchen der M4. Man muss das nicht verstehen, aber wenn die Marketing-Strategen darin vielleicht ein Plus für die Marke sehen, sei’s drum. Also gut. Der M3 und M4 sind im Vergleich zum noch frei atmenden E92 um einige Kilo erleichtert worden. Beide wiegen um die 1.500 Kilo, was für eine solche Fahr- und Spaßmaschine klasse ist. Je nachdem, ob das Doppelkupplungsgetriebe oder das Sechs-Gang-Menue gewählt werden, kommen ein paar Kilo mehr oder weniger dazu. Bei beiden ist schnell klar, dass sie Geschwister, wenn nicht gar Zwillinge sind. Aber keine eineiigen. Wer’s gerne etwas limousiniger mag, dem sei der M3 an die Hand gelegt, es lohnt sich. Aber mit dem M4 wird das Vergnügen noch etwas direkter und versammelter. Bereits nach wenigen Kilometern verschwindet das Coupé-Heck aus dem Bewusstsein, macht Platz für ein Zweier-Feeling. Wie Sportwagen pur. Das mag nach Haarspalterei klingen, es ist in jedem Fall ein subjektiver Eindruck. Der wird auch bestätigt, als td später mit dem M4 auf kleine Landstraßen flüchtet. Straßen, die zu einer Etappe der Rallye Portugal gehören. Üble Verwerfungen in den Kurven, ständig wechselnder Untergrund, enge Brückenpassagen und selten, sehr selten mal ein gerades Stück, das länger als 400 Meter ist. Ergebnis: Der M4 kann auch M3, wenn nicht sogar einen Tick besser. Oder: Es grenzt an Magie, wie weit man diese Drehorgel treiben kann, ohne dass auch nur der Hauch von Instabilität entsteht. Hinzu kommt, dass die neuen Motoren nicht nur ihr Bestes geben, sondern über alle Maßen hochperformant sind. Keine Turbolöcher, etwas weniger direkte Ansprache als beim Sauger, willige Durchzugskraft in bester Harmonie mit DKG oder Handschalter.
Zurück zur Rennstrecke und zu Timo Glock. Auch er schwärmt von der Performance beider Modelle, lässt auch den M4 mal ordentlich fliegen, so wie es halt nur ein Profi kann. Und das, was er mit der DTM-Rennversion bereits vorgeführt hat, zeigt er am Ende der Runden mit dem M4 aus der Großserie: ein Donut, bei dem reichlich Gummiabrieb den Boliden in weißen Rauch hüllt. Kann man machen, muss man aber nicht. Nur weil Timo weiß, dass die Reifen eh fällig sind, hat er sie auf dem Tarmac von Protinao endgültig zerrieben. Wer also mal so circa 75.000 Euro rum liegen hat …
3 Liter, Sechszylinder (Doppelturbo),431 PS,550 Nm
250 km/h (abgeriegelt), Mit M-Paket: 280 km/h
0 – 100 km/h in 4,3 Sekunden (mit 7-Gang DKG: 4,1 Sekunden)
www.bmw.de
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