Vor Jahren als Rentnerräder verspottet erleben elektrisch angetrieben Fahrräder einen ungeheuren Boom. Mittlerweile gibt es E-Bikes, deren Coolnessfaktor so ziemlich jedes andere Vehikel alt aussehen lässt. Mehr dazu und eine Auswahl der heißesten Gefährte nach dem Sprung.
Am Anfang war die Begriffsverwirrung, was ist denn eigentlich nun was? E-Bike? Pedelec? Beginnen wir mit letzterem: Hinter dem Begriff Pedelec verbirgt sich elektrisch assistiertes Radeln. Das heißt, man muss treten, um in den Genuss von Motorunterstützung zu kommen. Der Antrieb darf maximal 250 Watt stark sein und bei 25 km/h muss die „Hybridtechnik“ sich ausklinken. Wer schneller radeln will, muss also mit reiner Muskelkraft auskommen. Nur um einen Maßstab zu bekommen: Ein durchschnittlicher Radfahrer liefert etwa 100 Watt Leistung, durchtrainierte Typen auch mehr, ein Pedelec packt also eine deutliche Schaufel obendrauf.
Der Vorteil der milden Technik: Man muss weder einen Führerschein, noch ein Kennzeichen haben, darf auch ohne Helm radeln und das auf jedem Fahrradweg. Pedelecs sind ideal für den Alltag, denn mit ihnen fährt man völlig stressfrei auch längere Strecken und kann so beispielsweise auch ins Büro, ohne zu befürchten, dass man verschwitzt ankommt. Die Technik hierzu ist vielfältig: Es gibt Konstruktionen mit Motoren im Vorderrad, im Hinterrad oder mittig, wobei die letzte Variante die häufigste ist. Mit dem Motor alleine ist es nicht getan, denn hier ist intelligente Sensorik gefordert, die feststellt, wann und mit welcher Intensität man tritt, um entsprechend einzugreifen. Bis 6 km/h dürfen Pedelecs auch rein motorisch „angeschoben“ werden, für ältere Menschen ist das mitunter ein Segen. Die meisten Modelle bieten drei Stufen der motorischen Unterstützung, ganz nach Fitness und Topografie, schließlich ist bergauf mehr Dampf vonnöten. Im Umkehrschluss wirkt sich der Stromeinsatz natürlich auf die Reichweite aus. Moderne Batterien liefern theoretisch Saft für bis zu 150 Kilometer assistiertes Radeln – ideale Bedingungen vorausgesetzt. Im Alltag dürfte der Kraftspeicher kaum das reglementierende Element sein, schließlich fahren die wenigsten Menschen jeden Tag Gewalttouren.
S-Pedelecs
S wie schnell, so lässt es sich auf einen Nenner bringen. Alternativ heißen die Dinger auch Pedelec 45 oder schlicht schnelle Pedelcs. Die Zahl verrät es, hier hört die elektrische Unterstützung bei 45 Sachen auf, der Motor darf bis zu 500 Watt leisten – entsprechend flott kommt man damit voran. In der Konsequenz bedeutet das aber Helm- und Versicherungspflicht. Letztere entspricht der von Mopeds, ein kleines, knapp 100 Euro teures Kennzeichen reicht also aus. Auf Fahrradwegen hat man dann nichts mehr verloren, schließlich wären die Geschwindigkeitsunterschiede meist zu groß und das Unfallrisiko somit höher.
E-Bikes
Jetzt wird es lecker, denn E-Bikes haben immer noch die Charakterzüge eines Fahrrades, also Pedale und damit die Möglicheit, notfalls auch rein mit Muskelkraft zu fahren, sie können aber auch pur per Elektromotor losdüsen und haben des wegen einen Gasgriff, wie man es vom Moped kennt. Im Prinzip ist das E-Bike der neuzeitliche Ersatz für Moped oder Mokick, stilistisch allerdings nicht so angestaubt und mit ultimativ urbanem Charakter. Da so ein E-Bike aber nun mal mit 45 Sachen durch die Gegend flitzen kann, benötigt man dafür einen Führerschein der Klasse M. Der lässt sich ab 16 erwerben, beim Autoführerschein ist die Klasse inklusive, ohne dass weitere Fahrprüfungen absolviert werden müssen.
Die elektrische Revolution
Die hier gezeigten Gefährte sind beileibe kein Nischenthema mehr, im Jahr dürften so etwa 300.000 Stück davon verkauft werden, wobei ein großer Teil auf die Pedelecs entfällt. Sich so im städtischen Raum zu bewegen, macht nicht nur Sinn, es ist zumindest zurzeit die wirkliche, elektrische Revolution, denn Autos mit Elektroantrieb kommen nun zwar endlich in den Handel, werden jedoch noch in ausgesprochen homöopathischen Stückzahlen zugelassen. Das liegt natürlich am Preisunterschied, doch auch solvente Menschen entscheiden sich mehr und mehr für die Zweiradvariante als Ergänzung zum Auto, denn so ein E-Bike lässt sich problemlos parken, reicht für alle innerstädtischen Strecken mehr als aus und hat nun mal eine ziemlich überzeugende Ökobilanz. Statt eine Tonne PKW mit Strom zu mobilisieren, sind es hier nur um die 30 Kilo, natürlich plus Fahrer. Das lässt natürlich auch die Leisungswerte in anderem Licht erscheinen, die flotteren Exemplare im E-Bike-Segment liefern so um die 50 Newtonmeter und bis zu 1.300 Watt an Leistung. Das verspricht schon auf dem Papier ordentlichen Vorschub und so ist es auch in der Praxis.
Stromer
„Weil Schweizer keine Autos bauen“ textet der Hersteller fröhlich auf seiner Seite und der werte Betrachter ergänzt „bauen sie schicke Pedelecs“. Denn in der Tat können sich die Elektroräder aus der Schweiz mehr als sehen lassen, die Entwickler haben nämlich das leidge Akkuproblem hervorragend gelöst. Während das Gros an Pedelecs mit mehr oder minder auffällig anmontierten Akkus herumradelt, wählte man bei Stromer den Weg der Integration in den Rahmen. Wäre nicht die schwarze Umrandung, würde man den Energiespender kaum wahrnehmen. Wer es dezent liebt, greift also zur schwarzen Rahmenfarbe, dann ist dem Stromer die elektrische Unterstützung kaum anzusehen. Herausnehmbar ist das gute Stück dennoch, was den Ladevorgang vereinfacht, wenn das Fahrrad beispielsweise im Keller stehen muss, die Steckdose aber in der dritten Etage in der Wand sitzt. Die Stromer gibt es in unterschiedlichen Varianten als Mountain 25, 33 und Power 48. Das 25er ist ein klassisches Pedelec mit 250 Watt Motor in der Hinterradnabe und darf ohne Helm und Versicherung gefahren werden. Die beiden anderen Modelle fallen unter die S-Pedelec-Regelung, bieten 500 Watt und 30 bzw. 40 Newtonmeter. Prominente Kunden hat das Schweizer Unternehmen übrigens auch schon, unter anderem fährt Leonardo DiCaprio, der ja als Elektrofan bekannt ist, die Zweiräder aus Thörishaus.
Stromer
ab 3.580 Euro
Smart
Smarts Pedelec hört auf den Namen ebike – ganz smarttypisch in konsequenter Kleinschreibung. Gebaut wird es übrigens auch von der Berliner Firma Grace. Das perfekt durchdesignte Zweirad wird über einen 250 Watt starken BionX-Motor in der Hinterradnabe angetrieben, elektrische Unterstützung gibt es bis zu 25 Sachen. Die Batterie ist integraler Bestandteil des Rahmens, ganz CI-konform farblich abgesetzt und lässt sich herausnehmen. Die Vorteile dieses Prinzips erwähnten wir bereits an anderer Stelle: Man kann mal eben in der Wohnung den Akku laden oder könnte gar mehrere im Wechsel nutzen. Im Alltag dürfte das überflüssig sein, der Stromspeicher in Lithium-Ionen-Technik hat mit 423 Wattstunden ausreichend Kapazität, laut Hersteller für bis zu 100 km. Der Fahrer startet zudem bestens informiert in den Tag, denn das serienmäßige Display hält genaue Infos zum Ladezustand bereit und informiert über die aktuell gefahrene Geschwindigkeit sowie die eingelegte Fahrstufe. Die motorische Unterstützung lässt sich in vier Stufen wählen, ebenso die Stärke der Rekuperation (Energierückgewinnung), wenn es mal über lange Strecken bergab geht. Wer mag, kann aber auch in der Ebene seine Beinmuskultur stärken und gegen Generator sowie den inneren Schweinehund fahren.
Optional gibt es eine Smartphone-Halterung sowie eine USB-Schnittstelle um selbiges zu laden. Das macht smart nicht ganz uneigennützig, denn im Herbst erscheint eine App zum ebike und wenn man sich anschaut, was in den entsprechenden Pendants zum smart an sich und zur Elektrovariante im Besonderen umgesetzt wurde, dürfen auch die Fahrer des Zweirades in freudiger Erwartung ausharren. Auch der Rest des Rades ist erste Sahne: Kräftige hydraulische Bremsen von Magura, die zum Einsatz kommen, wenn die Rekuperation zum Bremsen nicht genügt, sauber integrierte Lichtlösungen und als absolutes Highlight ein Carbon-Zahnriemen statt der obligatorischen Kette. Der vermeidet Schmutz an der Kleidung, läuft beindruckend leise, leicht und auch langfristig ohne Verschleißerscheinungen.
Smart ebike
2.849 Euro
Pedego
Auch Liebhaber der so angesagten Cruiser brauchen auf elektrische Unterstützung nicht zu verzichten. Die entspannten Modelle von pedego vereinen den Lean-back-Küstenlook mit der ersehnten Elektrotechnik und machen so auch die von Natur aus eher kurzstreckengeeigneten Cruiser zu echten Langläufern. Als typisches Pedelec mit einem 250 Watt starken Motor, der bis 25 km/h unterstützt und einer 10 Ah Batterie gibt es den Classic Cruiser, der geradewegs von einem kalifornischen Strand auf unsere Straßen gerollt sein könnte. Optional kann man ihm eine größere Batterie mit 15 Ah gönnen und ihn mit noch fetteren Reifen pimpen. Für die Ladies gibt es eine Variante mit tieferem Einstieg und gleichen Upgrade-Möglichkeiten. Schneller, gewissermaßen als S-Variante gibt es den Interceptor, die Ein 500 Watt Motor zu höheren Geschwindigkeiten beflügelt. In Deutschland gibt es die Pedegos unter anderem bei Voltrad in Pinneberg (www.voltrad.de) und E-Bike XL in Willich (www.ebikexl.com).
Pedego
ab 1600 Euro
PG Bikes
PG Bikes kann man mit Fug und Recht als die Harleys unter den Pedelecs bezeichnen. Die Fahrräder mit der überaus markanten Optik haben aber auch technologisch einiges zu bieten. Das erste Modell des Hauses mit dem Namen BlackBlock kommt in diesem Jahr in einer Neuauflage auf den Markt und verfügt als einziges Pedelec weltweit über zwei Motoren, je einen in Vorder- und Hinterrad. In der „zahmen“ Version produzieren diese zusammen die erlaubte Höchstleistung von 250 Watt, als Speedpedelec liefern sie zusammen beeindruckende 1000 Watt und unterstützen bis zu 45 km/h. Beim Bremsen wird Energie zurückgewonnen und in die Lithium-Ionen-Batterie eingespeist und mit der aufgefrischten Interface-Technik lässt sich das BlackBlock auch via App auf dem Smartphone steuern. Auch die weiteren Deztails können sich sehen und vor allem fahren lassen: Ein Echtledersattel sorgt für komfortablen Sitz, vollhydraulische Bremsen von Magura verzögern das 35 kg schwere Rad sicher und Led-Lichter vorne wie hinten erfreuen die Ordnungshüter. Prunkstück des Produktsortiments ist allerdings das BlackTrail – streng limitiert auf eine Auflage von 667 Stück. Das wohl teuerste und exklusivste E-Bike der Welt zeichnet sich durch Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h und einem Verkaufspreis von 60.000 Euro aus. Das Nachfolgemodell des ausverkauften Edelbikes soll im September 2012 vorgestellt werden.
PG Bikes BlackBlock
5600 Euro
Elmoto HR-2
Elmotos Zweirad mit der markanten Optik ist die zeitgemäße Interpretation des Mopeds. Kompakt. gerade mal 47 Kilo leicht und dank intuitiver Handhabung und gutem Handling durch die 24 Zoll großen Räder setzt es dennoch optische Akzente und kündet schon von weitem von seiner innovativen Antriebstechnik. Das 45 km/h schnelle Gefährt erzielt Reichweiten von bis zu 65 Kilometern, der 1,7 kW und 50 Nm starke Motor wird vom 31,5 Ah fassenden Lithium-Ionen-Akku versorgt und dieser ist mit dem Standard-Ladegerät in spätestens 6 Stunden wieder befüllt, der Schnellader schafft das in vier Stunden. Benötigt wird nur ein Führerschein der Klasse M, insofern stellt der grüne Flitzer für jeden Autofahrer eine hervorragende Alternative für die Innenstadt dar und kann auch von 16-jährigen mit entsprechender Fahrprüfung bewegt werden.
Elmoto HR-2
4.600 Euro
Grace One
Die Berliner Firma Grace, die mittlerweile zur Firmengruppe MIFA gehört, stellte ihren ersten Entwurf im Jahr 2009 vor. Als „Grace Pro“ zeigt man ganz stilgerecht eines der ersten straßenzugelassenen E-Bikes in einer Berliner Galerie. 2011 startet dann schließlich die Serienproduktion des „Grace One“, wohl eines der markantesten E-Bikes überhaupt. Der immer noch fahrradtypische Rahmen mit dem angesetzten Akku, die markanten Doppelscheinwerfer für Abblend- und Fernlicht und das reduzierte Design generieren den überaus hohen Wiedererkennungswert des One. Leise surrt es durch den Großstadtverkehr, ganz nach Gusto nur durch Dreh am Gasgriff oder pedalassistiert, wenn der Fahrer dies wünscht. Top-Ausstattung mit hydraulischen Bremsen und einer hochentwickelten Elektrik, deren Leistungsfähigkeit sich am serienmäßigen Bordcomputer zeigt. Hier kann man neben den klassischen Werten wie Geschwindigkeit und Akkuleistung auch die eingesetzte Leistung variieren und so das Bike entweder für optimale Beschleunigung oder maximale Reichweite justieren. Satte 1.300 Watt liefert der Motor im Hinterrad, 50 Nm garantieren standesgemäße Beschleunigung. Der serienmäßige Akku liefert 12 Ah, mit dem optionalen „Range Extender“ für das Sattelrohr erhält man insgesamt 16,5 Ah, die das 33 kg leichte Bike bis zu 45 km weit reisen lassen. Wie bereits erwähnt, baut Grace ja auch das ebike für smart und der dort vorhandene, elegante Riemenantrieb findet sich auch in einem der Produkte des Hauses und zwar beim Pedelec Grace MX, das auch in einer S-Variante verfügbar ist. Ein Mittelmotor übernimmt hier die Mobilisierung des Gefährts. Als Dritter im Bunde kommt das Grace Easy auf den Markt, mit BioniX-Motor, Riemenantrieb und dank 500 Watt Leistung mit bis zu 45 km/h elektrisch unterstützt.
Grace
Grace Easy: 3.000 Euro
Grace MX: ab 3.300 Euro
Grace One: ab 4.400 Euro