SUV-Coupes sind anerkannt sinnfrei. Sie vereinen die Nachteile eines großen Autos mit den Nachteilen eines kleinen Innenraums, speziell hinten. Trotzdem liebäugeln immer mehr Menschen mit dieser Spezies und dürfen diesbezüglich jetzt auch auf die Marke mit dem Stern schauen.
In Werbevideos sind die Kunden neuer Autos zu einem hohen Prozentsatz hyperaktive Sportler, die mindestens vier verschiedene Varianten der Körperertüchtigung pflegen und zwar bevorzugt solche, zu denen man ein Auto mit extrem flexiblem Laderaum benötigt, damit sowohl Kanus als auch Mountainbikes und im Ernstfall vielleicht auch mal zwei Sortimente Stabhochsprungstäbe transportieren kann. Diese Menschen arbeiten aber auch nicht, sondern sind extrem damit beschäftigt, die Wochentage herumzubringen, um am Wochenende mit ihren 1,7 Kindern Pläne für die nächsten Tage zu schmieden.
In der Realität fahren immer noch gemittelte 1,3 Personen in einem Auto und dann auch meist zur Arbeit, gelegentlich in den Urlaub oder zum Einkaufen. Für nichts davon benötigt man mehrere umbaute Kubikmeter Raum, was die Spezies des SUV-Coupés dann doch wieder als sinnvoll erscheinen lässt, denn sie hat einen entscheidenden Vorteil: Sie sieht nicht nach Nutzfahrzeug aus. Im Grunde genommen ist es ein Statement, das besagt: Ich brauche kein vernünftiges Auto. Hinten wenig Platz? Egal. Zum Ausgleich bekommt man trotz der vergleichsweise üppigen Karosseriehöhe dynamische Fahreigenschaften, abhängig von der Motorisierung geht es auch schnell voran und in der Summe der Fähigkeiten kann man solche Dinger kurz und knapp als höhergelegte Sportcoupés bezeichnen. Bislang war diese Insel der Glückseligkeit in Münchner Händen, nun legt Mercedes mit dem GLE Coupé einen Wettbewerber nach, der es faustdick hinter den Außenspiegeln hat.
Schöner Schwung
Der Erstkontakt mit einem Auto ist stets ein optischer. Im Falle des GLE dazu noch ein ausgesprochen gefälliger. Das Familiengesicht war vorgegeben, nach hinten konnten sich die Gestalter auslassen und verpassten dem Star aus „Jurassic World“ einen eleganten Hüftschwung, der in einem überaus sehenswerten Heck mündet. Klar hat das GLE Coupé 4 Türen und man muss auf der Rückbank auch nicht wirklich leiden. Aber es ist halt kein Freizeit-Faktotum, sondern eher die flotte Transportmöglichkeit von A nach B für alle, die nicht in ihr Auto hineinfallen, sondern würdig einsteigen wollen. Im Inneren hört die Extravaganz allerdings auf, hier dominiert gewohnt perfektes Mercedes-Interieur mit den dazu gehörenden Funktionalitäten in Sachen Bedienung. Infotainment auf höchstem Niveau, die komplette Flöte an Assistenzsystemen, im Prinzip alles, was zum guten Ton gehört, findet man auch im GLE. Weder gegen Geld noch gute Worte bekommt man allerdings Details wie ein Head-Up-Display. Das ist allerdings durchaus verzichtbar, denn der zentrale, gut 20 Zentimeter messende Bildschirm hält jede Menge Zusatzinfos parat und die Instrumentierung ist bestens ablesbar. Wer nicht nur dem Motor lauschen will, der gönne sich bitte die exzellent klingende Anlage von Bang & Olufsen, verbannt alle datenkomprimierten Musikstücke von iPod oder iPhone und lauscht den Wohlklängen mit CDs oder adäquaten Soundfiles. Dann wird selbst der Stau zur „Quality Time“, kann man doch endlich mal die ganzen, neuen Alben genießen.
Dynamische Drecksau
Der Mensch lebt nicht vom Ton allein, speziell nicht im Auto. So ein Ding, gerade, wenn es so sportlich aussieht, muss auch vorwärts gehen und zwar richtig. Wer keine Kompromisse eingehen will, gönnt sich den AMG, in der S-Variante. Punkt. Dann krachen 585 PS auf Vorder- und Hinterachse und das sind beileibe keine Papierwerte. 4,2 Sekunden bis 100 km/h und 250 km/h Maximalgeschwindigkeit liefert der bekannte 8-Zylinder hier ab – atemberaubend. Der „Dynamic Select“ Schalter im Innenraum lockt mit seiner Sport+ Einstellung, denn die bedeutet schnelleres Ansprechverhalten und – nicht zu unterschätzen – mehr Sound. Kurven wollen geräubert, lange Gerade in Windeseile absolviert werden, das macht das AMG GLE 63 Coupé mit Bravour. Auch das Fahrwerk ist in diesem Modus kerniger, zudem wird die Karosserie um 15 mm abgesenkt und last not least ändert sich das Ansprechverhalten der Lenkung. Etwas weniger Dampf bietet der AMG ohne S. 557 PS reichen für 4,3 Sekunden auf die 100 km/h.
Zu schnell? Zu teuer? Kein Problem. Im GLE gibt es eine gemäßigte Darreichungsform, den GLE 450 AMG. Der hat schon jede Menge AMG-Gene, einen 376 PS kräftige Sechszylinder und viele Details der großen Brüder. Was er nicht hat, ist die 7G-Tronic, stattdessen bietet er das brandneue Automatikgetriebe mit 9 Gängen, das sanft schaltet und den Komfort auf die Spitze treibt. Diese Variante füllt die Lücke, die es bislang zwischen den großen AMGs und den deutlich darunter positionierten „Normalmotorisierungen“ gab, das wird man demnächst auch in anderen Baureihen sehen.
Ja, es geht auch mit Vernunft. Neben dem 400 als Benziner mit immerhin noch 333 Pferdestärken markiert ein Diesel, der 350d, den leistungsmäßigen Einstieg. 258 PS klingen unspektakulär, mit seinen 620 Newtonmetern zurrt der Selbstzünder dennoch kräftiger an den Rädern als der 400er und selbst der 450 AMG.
Lass laufen
Der GLE hat das Zeug zum Herzensbrecher. Dass das Segment seine Berechtigung hat, haben Wettbewerber vorgelebt, nun können Freunde der höhergelegten Coupé-Kultur mit leichtem Hang zum Ausflug in den Schmutz eben auch ein edles Stück mit Stern ins Auge fassen. Das Styling ist gelungen, die Ausstattung markentypisch exzellent und das Interieur eben ganz im Stile des Sterns. Ein paar Extravaganzen hätte man dem Neuankömmling in diesem von Mercedes bislang unbesetzten Segment noch gewünscht, aber auch ohne Schi Schi dürfte das klettertaugliche Coupé jede Menge Freunde finden. Es sei ihm gegönnt.
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